Fortbildungstage des Landesverbandes in St. Ottilien, vom 11. -14.11.2019
Die Fortbildung des LV, in Zusammenarbeit mit dem BV, führte uns heuer in das Bistum Augsburg. In der Erzabtei der Missionsbenediktiner von St. Ottilien fanden sich am Montag, 11.11.2019,
41 Pfarrhaushälterinnen aus 6 der 7 bayerischen Diözesen und 2 Gäste aus der Erzdiözese Freiburg ein, um einige Tage gemeinsam zu verbringen. Das, vom LV-Vorstand gut vorbereite Programm, versprach außerdem viel Interessantes und Neues.
Nach dem Begrüßungskaffe wurden wir schon von P. Augustin erwartet, der uns durch die ganze Klosteranlage führte. Mit Begeisterung, vielfältigem Wissen, Charm und Witz stellte er uns die Erzabtei St. Ottilien vor, die sich seit 120 Jahren zu einer weit ausgedehnten Klosteranlage entwickelte und völlig autark ist. Von den 90 Benediktinermönchen, die z.Z. hier leben, arbeiten viele im Gymnasium mit Tagesheim, welches sehr gute schulische Leistungen aufweisen kann, sehr beliebt ist und in nächster Zeit sogar noch erweitert werden soll. Auch die große Landwirtschaft, (300 ha Grund, 200 Rinder, 90 Schweine und 9000 Hühner) mit großer Gärtnerei und Wald (200 ha für die eigene Hackschnitzelversorgung), der eigene Verlag mit Druckerei, die verschiedenen Werkstätten und handwerklichen Betriebe, der gut gehende Hofladen und die eigene Feuerwehr, stehen in der Verantwortung der Mönche, die von 128 Angestellten unterstützt werden.
An manchen freien Flächen an Hauswänden oder am hohen Kamin, konnten Künstler in den letzten Jahren ihre Bilder anbringen, die zum Nachdenken über Leben und Tod anregen. Bei dem langen Rundgang, bei dem sich das Klostergelände immer wieder aus einer anderen Sicht betrachten ließ, darf man auch den Friedhof nicht unerwähnt lassen, der sich auf dem ältesten Klosterteil befindet. Beeindruckt waren wir von den schön geschmiedeten Grabkreuzen, die den Beruf der verstorbenen Mönche verraten. An der Friedhofsmauer findet man jüdische Grabdenkmäler. Diese sind auf ein KZ Lazarett zurückzuführen, in dem man nach Kriegsende schwerkranke jüdische KZ-Häftlinge untergebracht hatte, so auch den späteren 1. israelischen Präsidenten. Die verstorbenen Juden wurden hier nach dem Krieg beigesetzt.
„Kreatives Gestalten für Advent/Weihnachten" war für Dienstagvormittag geplant. Frau Margit Kollmann aus Rain am Lech, hatte auf einem Tisch viele wunderschöne Sterne und auch kleine Engel aus Elefanenhautpapier, verziert mit Goldstreifen, ausgelegt und gleich alle damit begeistert.
Mit Geduld und Geschick stand sie den Bastlerinnen zur Seite, bis diese am Schluss die gewünschten eigenen Kunstwerke in Händen hielten. Die Erfolge konnten sich sehen lassen. Ihre ausgestellten Engel und Sterne bot Frau Kollmann in der Mittagspause noch zum Kauf an, was gerne angenommen wurde.
Nachmittags kam Pastoralreferentin Maria Anna Immerz, Theologische Referentin im Generalvikariat Augsburg, mit dem Thema „Erst ein knorriger Baum hat Charakter" zu uns. Mit verschiedenen Übungen wollte sie uns anfangs gleich in Bewegung bringen und aufnahmefähiger machen.
1.Umgang mit besonderen Erlebnissen. Allergrößte Empfindlichkeiten im eigenen Leben, kann man anders betrachten, wenn man daran arbeitet, und sie miteinander bespricht.
- Geistige Einheit. In der Runde sich gegenseitig berühren, von der Schulter über die Wirbelsäule, und dann dem Körper nachspüren vom Fuß bis zum Kopf, nachdenken über Brüche, wirkliche oder andere. Prüfen wie hoch der Prozentsatz der Brüche im Leben ist, aber dann feststellen, was man trotzdem noch alles kann! In Werner Schmidbauers Lied: „Des Leben ist wie: wunderbar, gnadenlos, flüchtig, ewig, (22 verschiedene Aussagen) kann man feststellen, wie wechselhaft das Leben immer wieder ist. Man sollte sich das jeden Tag überlegen. Rechte Hand ist die Schaff Hand, die linke, die Nichtschaff- oder Gefühlshand. Es darf alles so sein - aber es muss nicht so bleiben. Dabei kann man nachspüren, wie die Hände was aufnehmen oder abgeben können. (Zuhören oder Mitteilen).
- Brüche-Entscheidungen. Im Leben geht es nicht immer glatt. Bibel = menschliche Religion, alles kommt vor darin. Die Bibel entstand aus verschiedenen Bruchstücken, hauptsächlich aus dem östlichen, jüdischen Raum. Reihenfolge ist manchmal zufällig.
1.) 7 Tage Geschichte (Erschaffung der Welt) In einem mittelalterlichen Bild in der Kirche von Chartre ist Adam als Gedanke Gottes dargestellt. Gott und Mensch auf Augenhöhe. Gott lässt uns nahe an sich ran. Der Mensch darf Gott über die Schulter schauen, in die gleiche Richtung sehen, sich an ihn anlehnen.
2.) Schöpfungserzählung (Alter unter David). Nach der babylonischen Gefangenschaft wurde sie aufgeschrieben. Da, wo alles aus ist, braucht man die Vision, die Hoffnung gibt. Bild in Chartre: Gott formt Adam auf seinem Schoß.
Beide Bilder zusammen ergeben das Bild des Glaubens. Der Mensch auf Augenhöhe - und das mit der Bildung des Menschen aus Lehm gehören zusammen. Gott lässt uns tun, aber auch wir lassen ihn tun (können aber nicht alles allein. Bsp.: goldenes Kalb). Wir brauchen ihn. Vergänglichkeit – Lehm - Staub wirst du.
„Das wahre Leben = Zusammenkommen" - 2. Teil Krise.
Von Gott = Ordnung gedacht, man kann nicht rausfallen aus der Ordnung. Hochstimmung: man fühlt Glück. Bsp. Trostbrief des Jeremia 29,1-14
Auch in der Krise Mut haben, steht da: Häuser bauen, Gärten pflanzen usw. Aber dann kommt die Verheißung: 70 Jahre, dann wird es besser, ich habe es von Anfang an zugesagt!
Rituale sind platziert an Krisensituationen. Ritual: Advent ist der Beginn zum Ernsten, oder an Karfreitag spielen wir den Tod Jesu nach. Schwarze Vorhänge, Verhängung des Altarbildes. Aber dann die Osterkerze: Grandios! Warten kann schön sein und guttun. Man muss im Leben meist mit was umgehen, was nicht perfekt ist. Man behält eine Delle zurück. (Thomas v. Aquin).
Schlafen, Weinen, Mitleiden der Freunde, ein Bad nehmen und auch Betrachten des Leidens Christi – sind Möglichkeiten wieder Kraft und Mut zu schöpfen. Miteinander essen ist Wesen des Christentums.
„Kostbar wird das Leben, wenn man mit Schwerem im Leben umgehen kann".
Am Mittwoch startete die Gruppe gleich nach dem Frühstück in das Agrarbildungszentrum nach Landsberg. Dort wurden wir von Frau Angela Fischer begrüßt, die uns mit dem genauen Tagesprogramm vertraut machte. Von Geschirrspülern, Gefrierschränken, Elektroherden, Waschmaschinen und Bügelstationen stellten uns dann die zuständigen Referentinnen die neuesten Geräte vor, und erklärten die großen und kleinen Unterschiede, sowie auch die Vor- und Nachteile zu den älteren Geräten. Besonders für diejenigen Kolleginnen, die vorhaben sich in nächster Zeit ein neues Gerät anzuschaffen, war es interessant und hilfreich, diese Informationen zu bekommen. Andererseits bekamen wir dadurch auch einen Blick dafür, was man evtl. alles gar nicht braucht. Die Zeit verging wie im Flug und etwas später, als geplant, fuhren wir wieder zurück nach St. Ottilien.
Donnerstagvormittag gab es noch einen Höhepunkt im Programm. „Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein". Zu diesem Thema kam Dr. Notker Wolf, OSB, Abtprimas em, zu uns. Er war 23 Jahre Erzabt in St. Ottilien.
Heimat – merkt man am besten im Ausland. Heimat wieder hoffähig machen, nachdem es lange Zeit etwas negativ belegt war, kann man in letzter Zeit positiv feststellen. Man denkt wieder besser darüber nach. Besonders im Alter bekommt man Sehnsucht an die Kinder- und Studentenzeit. In den vielen Jahren wo Dr. Notker Wolf ständig zwischen St. Ottilien und Rom, und dann in der ganzen Welt unterwegs war, spürte er immer stärker, dass ihm die Verbindung zu seiner Heimat, Bad Gröningen im Allgäu, zu seiner Studentenzeit mit den Besuchen bestimmter Kirchen und Pilgerorte, und zu seiner Heimatkirche St. Ottilien immer wichtiger wurde. Der Dialekt ist Heimat und bedeutet Verbundenheit. Man kommt irgendwann wieder nach Hause - und ist dort fremd. In den Jahren der Abwesenheit haben sich Lücken ergeben, Menschen die da lebten, sind nicht mehr da. Man geht auf den Friedhof und denkt an die Verstorbenen. Häuser wurden abgerissen, andere haben ihr Aussehen total verändert, Chor und Speisesaal im Kloster sind nicht mehr wie sie mal waren. Aber - das Leben muss weitergehen! Es sind die Veränderungen, die im Leben einfach geschehen und die wieder eine neue Perspektive ermöglichen. Für Flüchtlinge und Migranten, die es früher und auch heute gibt, bedeutet Essen und Trinken so wie es daheim üblich war, Musik, Freunde, Tänze und Trachten der Heimat zu pflegen eine wichtige Verbundenheit zur Heimat, und das - obwohl sie im neuen Land eine neue Heimat fanden. Anstand, Rücksichtnahme, Gemeinschaft im Dorf, so wie es einmal war, lässt Heimat erleben und die ganze Liebe zur Heimat kommt dadurch zurück. Die Heimatvertriebenen nach dem Krieg und auch die Menschen die später als Gastarbeiter zu uns kamen, fanden hier Heimat und Arbeit und halfen mit, das Wirtschaftswunder bei uns aufzubauen, obwohl man sie damals oft als „Gratler" bezeichnete. Ehrlichkeit, Nüchternheit und Gastfreundschaft braucht man, um Heimat richtig zu sehen.
53 Mill. Menschen sind jetzt auf der Flucht und suchen eine neue Heimat. 2015 haben die Kommunen sehr viel geleistet. 4000 Menschen/Woche kamen zu uns und wurden aufgenommen. Heute muss alles durchgeplant werden. In Afrika ist es unmöglich, dass für einen Gast nichts da wäre. Sie sind arm – aber großzügig und gastfreundlich.
Beheimatung in der Kirche hat sich verändert. Glockenläuten der Ministranten, hatte früher mehr mit Ehrenamt zu tun, man kämpfte darum, hatte Spaß daran. Man war von klein auf mehr in der Kirche beheimatet. Heute geht das Läuten der Glocken automatisch und wird sogar oft abgelehnt. Karfreitag trugen die Ministranten keine Schuhe und keine Handschuhe. Das war so, und man verstand das Warum. Um sich wieder in der Kirche zu Hause zu fühlen, bräuchte es viel Liebe zu Gott. Die zeigt sich auch im Schmücken der Kirche, bei Krankenbesuchen, Prozessionen, Leonhardi-Umritten und dem Pflegen der Dorfgemeinschaft. Diese darf man nicht zerbrechen! Mit Theologen kann man streiten aber nicht mit Ideologen! Man schimpft über Leute, die alles perfekt machen wollen. Kann man was auswendig, wird wieder was geändert. Es ist menschlich, weil wir am Alten hängen. Bsp.: Marienfigur muss aus der Kirche raus und später doch wieder rein. Wir brauchen Veränderungsbereitschaft und Kompromissbereitschaft. Um eine sinnvolle Entscheidung zu finden sollte man miteinander reden! Mit jungen und alten Menschen, um die verschiedenen Ansichten kennen zu lernen.
Heimat müssen wir alle zurücklassen. Sind ja nur Gast auf Erden. Gott wartet auf uns, das hat er uns zugesagt. Unser Leib wird anders werden, aber wie, wissen wir nicht. Den unberechenbaren Tod ständig vor Augen zu haben, erleichtert uns das Leben hier und jetzt. Aber Gott will uns seine Liebe, Freude und Fülle in Herrlichkeit schenken. Er kann gar nicht anders als barmherzig zu sein. Wir sollten fähig werden, uns zurückzuziehen um zur Ruhe zu kommen, und bei uns selber zu sein. Mystik bedeutet Einheit mit Gott.
Antwort von Dr. Notker Wolf, auf Frage nach dem Umbruch, den wir jetzt in der Kirche erleben:
In der Kirche gab es immer Umbrüche. Es sollte aber nicht so sein, dass wir alle deshalb geistlos umhertreiben. Papst Franziskus merkt das! Die 3 Johannesbriefe und den 1. Paulusbrief an die Korinther zu lesen, sind dazu hilfreich. Oftmals war das Sonntagsgebot allein Anlass zum Gottesdienstbesuch.
Bei der diesjährigen FB hatten wir Gelegenheit an den Chorgebeten der Mönche in der Klosterkirche teilzunehmen, was gerne angenommen wurde. Morgen- und Abendlob, zu dem wir uns sonst immer trafen hat aber doch so manchen Kolleginnen gefehlt. Gemeinsam in der Gruppe beten und Singen hat vielleicht auch mit Heimat zu tun?
Mit dem gemeinsamen Mittagessen gingen die Tage der Fortbildung wie immer, viel zu schnell zu Ende. Luise Mai, die Landesvorsitzende bedankte sich bei allen für die Teilnahme und wünschte eine gute Heimfahrt. Bei der Vorstandschaft des LV bedankte sich Margit Grossmann in unser, aller Namen für die gute Vorbereitung und Begleitung der Tage in St. Ottilien.
Beim Abschied war oft zu hören: bis nächstes Jahr!
Anneliese Herfellner